
Beim Stöbern durchs Netz ist mir diese Grafik in die Hände gefallen, die ich euch nicht vorenthalten möchte: ein schöner Stammbaum der sowjetischen Panzerentwicklung, vom kleinen T-26 der Vorkriegszeit bis hinunter zum bulligen IS-3. Für jemanden, der gerne rote Stahlkolosse über den Tisch schiebt, ist das fast wie ein Tech-Tree im Computerspiel – nur eben in historisch.
Wenn man sich das Bild in Ruhe anschaut, erkennt man grob drei „Linien“: leichte Aufklärer, das Rückgrat der mittleren Panzer und die schweren Brecheisen samt Sturmgeschützen.
Ganz oben links fängt alles mit dem T-26 und den BT-Panzern an. Das sind typische Zwischenkriegs-Konstruktionen mit vielen Nieten, dünner Panzerung und dafür ordentlich Geschwindigkeit. Aus diesen frühen Versuchen wachsen dann sowohl die Mehrturm-Monster T-28 und T-35 als auch später die bekannteren Fahrzeuge. Man sieht schön, wie die Idee „mehr Türme hilft mehr“ irgendwann zugunsten besserer Panzerung und eines vernünftigen Hauptturms aufgegeben wird.
Auf der rechten Seite läuft parallel die Linie der leichten Panzer: T-40, T-50, T-60, T-70. Kleine, wendige Kisten, die in der Praxis meistens eher Aufklärung, Sicherung und Unterstützungsaufgaben übernehmen. Wer mal einen T-70 auf dem Spieltisch hatte, weiß, wie winzig der im Vergleich zu einem T-34 ist.
In der Mitte steht dann der Star der Show: der T-34. Erst als T-34/76, später als T-34/85 mit der größeren Kanone und dem neuen Turm. In der Grafik verzweigt er sich gleich in mehrere Richtungen: T-43, T-44 und weiter auf dem Weg zum Nachkriegsklassiker T-54/T-55, auch wenn der hier nicht mehr auftaucht. Für uns Tabletopper ist der T-34 sowieso das Arbeitstier – egal ob in Flames of War, anderen Systemen oder einfach als bemaltes Vitrinenmodell.
Aus dem T-34 stammen auch die bekannten Sturmgeschütze SU-85 und SU-100: Turm runter, feste Kasematte drauf, große Kanone rein. Im Bild laufen diese ebenfalls als eigene Linie, zusammen mit SU-122 und weiteren Varianten. Aus spielerischer Sicht sind das oft die Panzerknacker der Liste: nicht ganz so flexibel wie ein Turmpanzer, aber punktetechnisch attraktiv und mit ordentlicher Feuerkraft.
Unten mittig wird es dann richtig schwer. Dort beginnt die KV-Familie mit KV-1 und KV-2 und verzweigt sich in diverse Experimente wie KV-3, KV-5 und KV-220. Viele davon haben es nie in große Stückzahlen geschafft, aber sie zeigen gut, in welche Richtung die sowjetischen Konstrukteure gedacht haben: dicke Panzerung, große Kanone, notfalls ein fliegender Schrank auf Ketten.
Aus dieser Linie entstehen schließlich die IS-Panzer (Iosif Stalin): IS-1, IS-2 und schließlich IS-3. In der Grafik marschieren sie fast wie eine kleine Ahnenreihe nach unten. Für mich ist der IS-2 einer der schönsten Panzer überhaupt – elegant, brutal und optisch klar „spätkrieg“. Der IS-3 am Ende mit seiner typischen „Schnabelnase“ ist dann schon ein Ausblick in die Nachkriegszeit und für viele eher mit dem Kalten Krieg verbunden, auch wenn er gegen Kriegsende fertig wurde.
Rund um die schweren Panzer gruppieren sich die großen Selbstfahrlafetten: SU-152, ISU-122, ISU-152 und ihre Varianten. In der Grafik zweigen sie seitlich von KV und IS ab und illustrieren sehr schön das Konzept: Fahrgestell eines schweren Panzers, gigantische Kanone in einer Kasematte, und los geht’s. Auf dem Spieltisch sind das häufig die „Monster“, die man entweder liebt oder fürchtet – je nachdem, auf welcher Seite man steht.
Was ich an dieser Darstellung besonders mag: Man sieht auf einen Blick, wie verwoben das alles ist. Es gibt nicht „den einen“ sowjetischen Panzer, sondern eine ganze Familie von Entwürfen, Experimenten und Übergangslösungen. Viele Fahrzeuge im Bild kennt man vielleicht nur aus Randnotizen oder als obskure Resinmodelle, andere sind absolute Klassiker mit Dutzenden Bausätzen.
Ich finde, man bekommt durch das Bild einen ganz guten Eindruck davon, wie rasant sich die sowjetische Panzertruppe zwischen Ende der 30er und Mitte der 40er entwickelt hat. Von genieteten Kästchen mit dünner Panzerung hin zu massiven, geschwungenen Gusswannen und schweren Geschützen, die problemlos jeden Gegner auf dem Feld knacken konnten.
Das Bild wandert bei mir auf jeden Fall in den Inspirationsordner für künftige Projekte – und vielleicht auch mal als Referenz, wenn ich wieder darüber grüble, welchen sowjetischen Panzer ich als nächstes auf den Tisch stellen möchte.